Pärchen-Fotografie von Patrick Ludolph – Ein Review

Ich habe mich ja neulich etwas aus dem Fenster gebeugt und etwas über den Sinn und Unsinn von Foto-Workshops, insbesondere solchen zur People-Fotografie gepostet. Neben viel Zuspruch erhielt ich auch Gegenwind von Anbietern und deren Kunden. Insgesamt war es aber eine interessante Diskussion. Ich hatte dabei auch durchblicken lassen, dass ich angesichts des unsicheren und nicht immer vorhandenen Lerneffektes die Preise für solche Workshops an vielen Stellen für unangemessen halte (an anderen Stellen übrigens für sehr angemessen, was gerne übersehen wurde…)

Da das Thema offenbar viele bewegte, wollte ich es nochmal aufgreifen und zwar fokussiert auf Video-Tutorials. Hier sieht die Lage aus meiner Sicht deutlich differenzierter aus. Natürlich gibt es auch hier Anbieter, die 600,- für ein Video angemessen finden und dafür auch Kunden finden. Ob das etwas ist, muss jeder für sich entscheiden, Angebote für „gebrauchte“ Workshops dieser Art findet man allenthalben im Netz. Honi soit, qui mal y pense, wie der Franzose sagt.

Daneben gibt es aber auch zahlreiche Anbieter, die Videos teils kostenlos, oder aber eben auch zu vertretbaren Preisen anbieten. Hier amortisiert sich der hohe Aufwand dann über die zahlreichen „virtuellen“ Teilnehmer und die dauerhaften Einkünfte, die der Fotograf damit erzielen kann. Wir alle kennen die üblichen Verdächtigen im Netz, die immer mal wieder interessante Sachen produzieren, vieles davon eben auch gratis.

Neben dem häufig geringeren Preis haben diese Workshops in meinen Augen auch viele andere Vorteile, die dazu führen, dass ich sie von meiner generellen Workshop-Kritik ausnehmen möchte:

  • Von vornherein haben diese Videos ein anderes Konzept: Sie zeigen, wie ein Fotograf etwas macht. Es geht nicht ums selber machen, nicht um das Umsetzen von Aufgaben oder schlicht das shooten fotografieren von Bildern für das eigene Portfolio, sondern eben darum, einem anderen Fotografen beim Lösen einer Aufgabe zuzusehen und sich dabei im wahrsten Sinne des Wortes etwas abzuschauen. Dies ist didaktisch ein wesentlich eindeutigerer und in meinen Augen auch erfolgversprechender Ansatz. Ich lerne vom Zuschauen, nachmachen und kopieren kann ich dann in Ruhe zu Hause und in meinem Tempo.
  • Meist kann ich mir als Kunde einen Trailer anschauen und weiß ungefähr, was auf mich zukommt und was ich erwarten kann. Vielleicht kenne ich den Fotografen schon von YouTube und kann ihn einschätzen. Und in der Tat sind viele Fotografen beim Erklären dessen, was sie da gerade tun häufig sehr viel besser als in der Interaktion mit Workshop-Teilnehmern.
  • Schließlich kann ich mir Passagen, die mich besonders interessieren, nochmal anschauen oder später nochmal drauf zurückgreifen, was den Mehrwert für mich nach oben treibt. Manches erschließt sich auch erst später, dann greift man nochmal zur DVD oder Datei und schaut sich nochmal etwas an.

Um es mal konkret zu machen: Ich mag fast alle Sachen, die Paddy Ludolph so produziert. Nicht alles ist für mich interessant und wichtig, aber vieles deckt meine Interessen. Seine Videos orientieren sich meist an einem sehr spezifischen Thema und sind mit Aufwand und Leidenschaft gemacht. Gerade hat er sein Video zur Pärchenfotografie herausgebracht, das ihr hier bei ihm im Shop kaufen könnt. (Nein, er bezahlt mich nicht dafür!)

Das Video liefert für 45,- einen wirklich guten Streifzug durch die Pärchenfotografie und hält in meinen Augen für Fotografen aller Levels etwas bereit. Im Mittelpunkt stehen 2 völlig normale Pärchen, die er jeweils an den gleichen Locations Orten shootet fotografiert, um systematisch durch seine Ideen zu Licht, Posing, Gestaltung und (in geringerem Umfang) Technik zu führen. Wichtig ist, dass es sich nicht um kameraerfahrene Profis handelt, sondern Paare, wie wir sie alle mal vor der Linse haben: Motiviert, aber eben keine Profis. Alleine durch die Vielzahl der Fotos, die dabei entstehen (ja, Digger, alle mit EXIF-Einstellungen!) erweitert sich der eigene visuelle Horizont, die eigenen Kreativität wird angeregt, Dinge mal anders zu machen. Wir schauen viel zu wenig anderen beim Fotografieren zu…

Paddy fotografiert seine beiden (sehr unterschiedlichen) Testpaare an sehr unterschiedlichen Orten mit verschiedenen Lichtbedingungen und Möglichkeiten. Von Großstadt bis Strand (ja, den haben wir hier in Hamburg!!) und Hafen ist alles dabei. Liegend, sitzend, knieend, laufend. Nicht lässt er aus. Allein durch diese Vielfalt ist das Video informativ, wenn Paddy dann noch seine Überlegungen schildert, warum er gerade etwas so oder so macht, wird es noch interessanter.

Eingeschoben sind kleine Einheiten über Styling, MakeUp und Technik.

Abschließend nimmt Paddy Euch auf ein „Life-Shooting“ (Sorry Steffi…) mit, bei dem er einen typischen Rundgang mit einem Pärchen am Hamburger Hafen macht, wie wir alle ihn vermutlich schon hundertfach gemacht haben. Hamburger Fotografen haben dabei den direkten Vergleich zwischen dem, was Paddy aus einer Location macht und was man selbst im Portfolio hat. Aber auch als Nicht-Hamburger wird der Ablauf und die Ideenfindung deutlich.

Einiges würde ich nie machen, weil es nicht mein Stil ist, in anderen Dingen erkenne ich mich wiederum sehr wieder und als Hamburger Fotograf freue ich mich natürlich auch über Paddys Locations, die ich zum Teil kenne, die mir zum Teil aber auch neu sind. Und bei vielem merke ich, was ich verbessern könnte.

Zwei Dinge zum Schluss:

  • Nehmt solche Videos als Inspiration, pickt Euch raus, was für Euch passt, und wenn es nur eine Idee ist, die ihr zukünftig umsetzt. Kopiert nicht alles, das macht uns alle immer austauschbarer, baut die Erkenntnisse solcher Workshops in Eure Fotografie ein und macht Euer Ding damit. Paddy vermittelt auch immer wieder im Video, dass sein Weg einer von vielen möglichen ist und nur Euer eigene der richtige sein kann.

 

  • Ich finde 45,-€ ist wirklich ein fairer Preis für 3,5 Stunden Inspiration und Wissen. Kauft Euch das Ding und kopiert es Euch nicht irgendwo wild zusammen. Paddy gehört zu den Fotografen, die in ihren Blogs und YouTube-Channels auch so viel kostenlos anbieten, da muss man ihnen nicht noch das Geld für ein solches Video vorenthalten. Das Video ist gut produziert, extra Paare wurden gecastet und mit großem Aufwand an unterschiedlichen Orten sehr vielfältig in Szene gesetzt.

Also: Nach einem „No-more-Workshop-Post“ nun ein „Kauft-das-Ding-Post. Das Leben kann so widersprüchlich sein…

About the Author:
Hat Geschichte studiert und will mit Bildern Geschichten erzählen. Wenn er fotografiert ist er glücklich, wenn die Fotografierten glücklich sind, ist er erst recht glücklich. Autodidakt mit aktueller Tendenz zum Weniger ist Mehr.


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